Aktuelle Rechtsprechung zum Thema Dieselskandal
Der Bundesgerichtshof bringt mit seinen Urteilen vom 10. Februar 2022 – VII ZR 365/21, VII ZR 396/21, VII ZR 679/21, VII ZR 692/21 und VII ZR 717/21 weitere Klarheit in die sogenannten Dieselskandalfälle.
In vielen Fällen ergibt die höchstrichterliche Rechtsprechung – für Diesel-Fahrzeuge des VW Konzerns in den Baujahren 2012 bis 2015 einen Schadensersatzanspruch.
Der VII. Zivilsenat des BGH hat in fünf gleichzeitig verhandelten „Dieselverfahren“ betreffend die Volkswagen AG, entschieden, bei denen Gebrauchtwagen zugrunde lagen. Hierbei führt der BGH aus, dass nach § 826 BGB kein Anspruch des Erwerbers gegen den Hersteller gemäß § 852 Satz 1 BGB besteht.
Die von den Klageparteien jeweils gebraucht bei einem Autohändler bzw. einem Dritten erworbenen Fahrzeuge sind mit Dieselmotoren der Baureihe EA 189 (EU 5) ausgestattet. Diese verfügten zum Zeitpunkt des Kaufs über eine Software, welche erkannte, ob sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand befand, und in diesem Fall vom regulären Abgasrückführungsmodus in einen Stickoxid-optimierten Modus wechselte. Die entsprechenden Oberlandesgerichte hatten hierbei eine dreijährige Verjährungszeit zugrunde gelegt, ab allgemeiner Kenntnis des „Dieselskandals“.
Dies war für die Baureihe des EA 189 Motors nach Auffassung des BGH jedenfalls im Jahr 2016 aufgrund eines Kundenanschreibens der Beklagten, aus dem sich die Betroffenheit ihrer Fahrzeuge ergab, der Fall.
Soweit – mit Ausnahme des Verfahrens VII ZR 396/21 – die jeweils mit der Klage geltend gemachten Ansprüche der Klageparteien aus § 826 BGB verjährt waren, hätten die Berufungsgerichte einen Anspruch der Klageparteien gemäß § 852 Satz 1 BGB zu Recht dann verneint, wenn es sich um einen mehraktigen Fall des Kaufes eines Gebrauchtwagens handelt.
Hierbei kommt nunmehr ebenfalls eindeutig die Rechtsprechung des BGH zum Tragen, dass bei einem Neukauf wiederum ein Anspruch aus § 852 BGB auf Schadensersatz gegen die VW AG gegeben ist.
Die spannende Frage in diesem Zusammenhang ist, ob es hinsichtlich des Anspruches aus § 852 BGB etwas ändert, wenn das Fahrzeug, um das es geht, zwischenzeitlich verkauft wurde.
Eine explizite Entscheidung des BGH hierrüber liegt nicht vor. Folgerichtig dürfte sich jedoch nichts ändern an dem grundsätzlichen Anspruch und der Berechnung. Vielmehr sind als weiterer Saldo der Verkaufserlös einzustellen.
Nach unserer Auffassung ergibt sich unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des BGH in diesem Bereich daher folgende Berechnung (vereinfacht dargestellt)
Kfz-Kauf für 30.000 EUR im Jahr 2014. Verkauf des Fahrzeuges im Jahr 2017 für 13.000 EUR mit einer Laufleistung von 60.000 km.
Nach der Rechtsprechung des BGH sind 7.200 EUR als Nutzungen abzuziehen, sodass sich ein Preis von 22.800 EUR ergäbe Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeuges. Unter Abzug des Verkehrswertes des Fahrzeuges ergibt sich ein Betrag von 22.800 EUR – 13.000 EUR = 9.800 EUR, der als Schadensersatz nach § 823 BGB geltend gemacht werden könnte.
Entscheidend ist für unseren Beispielsfall, dass die von dem Hersteller herauszugebende Bereicherung noch in voller Höhe des von unserer Mandantin unter Berücksichtigung der Vorteilsausgleichung noch zu beanspruchenden Schadensersatzes von 9.800 EUR besteht.
Insoweit wurde auch in dem Verfahren OLG Oldenburg, Urteil vom 02.03.2021 – 12 U 161/20 bereits unbestritten vorgetragen, dass der Hersteller einen Großteil des Kaufpreises selbst vereinnahmt hat. Dieser Betrag übersteigt regelmäßig die verjährte Forderung deutlich.